Im Freispiel steckt ganz viel Making

Im Freispiel steckt ganz viel Making

Das Entwicklerteam der Schulgemeinde Niederhelfenschwil, zu welchem ich gehöre, tauscht sich regelmässig über Praxiserfahrungen mit Making aus. Beim Zuhören und beim Reflektieren, wo in meinem Unterricht Making stattfindet, kam mir immer wieder der Gedanke, dass das Freispiel im Prinzip «Making pur» ist.  

Was spiele ich, mit wem und wie lange? 

Mein Name ist Gabriela Küng. Ich bin Kindergartenlehrperson und unterrichte aktuell eine Klasse mit 22 Kindern (15 im ersten und 7 im zweiten Kindergartenjahr). Das Freispiel ist ein fester Bestandteil des Kindergartens. Pro Halbtag ist dafür mindestens 1/3 der Unterrichtszeit reserviert. Da aber auch unser Tagesablauf mittlerweile mit dem Stundenplan der Schule verknüpft ist, kann das Freispiel nicht immer zur gleichen Zeit stattfinden. 

Vor allem die jüngeren Kinder fragten oft nach, wann sie denn spielen dürften. Aus diesem Grunde erstellte ich mit Hilfe von zwei Fotohängern eine Bilderübersicht. Gezeigt wird der Ablauf ab 8:50 Uhr, weil in der ersten Lektion täglich Lern- und Tischspielzeit ist und einige jünger Kinder erst später zum Unterricht kommen. So sehen sie schon bei ihrer Ankunft vor der Türe, in welchem Teil des Morgens sie frei-spielen dürfen. Das Bild der Freispielwand steht symbolisch für das Freispiel. 

Spielverteilung 

Der Übergang ins Freispiel ist «fliessend». Beginnt es in der zweiten Lektion, entscheiden sich die bereits Anwesenden, ob sie weiterhin am Tisch bleiben oder ob sie ihren Platz aufräumen. In jedem Fall gehen sie zur Freispielwand und setzen ihr Magnet unter das Bild des Spielortes, bei welchem sie die nächste Zeit verbringen möchten. Auf den Magneten sind ihre Stuhlbildchen abgebildet, welche auch ihren Garderoben-, ihren Arbeitsplatz und noch andere persönlich zugeteilte Dinge markieren. An den bereits von anderen Kindern gesetzten Magneten sieht man sofort, wer gerade wo spielt. Wer von zu Hause ankommt, zieht sich in seinem Tempo um, hat allenfalls noch etwas Zeit zum Plaudern und geht dann zur Freispielwand. Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag findet das Freispiel nach dem Znüni statt. Wer fertig gegessen hat, räumt selbständig seinen Znüniplatz auf und geht dann zur Freispielwand. 

Spielorte 

Bei manchen Spielorten dominiert ein Material, z.B. bei Lego. Oft werden aber auch verschiedene Spielsachen miteinander kombiniert, z.B. Kapla und Autos oder durch Tücher, sowie gebasteltes ergänzt.  


Besonders beliebte Plätze sind das ganze Jahr über da, z.B. die Puppenecke, (Duplo)Lego, Zeichnen & Basteln… Andere Spielorte kommen und gehen für die Dauer eines Themas oder passend zur Jahreszeit. Bei manchen verändere ich den Schwierigkeitsgrad, z.B. von Duplo zu „kleinen“ Lego, von einfachen Spielen/Puzzle zu schwierigeren, usw. 

Weil ich Spielorte auch mit den Kindern zusammen wegräume und neu entstehen lasse, können die Kinder immer mal wieder einen kurzen Blick auf meinen riesigen (mehrheitlich privat über Ricardo gekauften) Fundus werfen. Dies lieben sie und das Abwechseln hält die Spielorte interessant. 


Ich erlaube den Kindern auch Spielsachen von zu Hause mitzubringen. Für diese tragen sie dann selbst die Verantwortung, was recht gut klappt. Manchmal sind sie eine gute Ergänzung zum vorhandenen, dienen als Brücke von zu Hause in den Kindergarten oder bieten eine wertvolle Möglichkeit, Kontakt zu anderen Kindern zu knüpfen. 

Intrinsische Motivation 

Bei allen Spielorten können die Kinder ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Sie beschäftigen sich mit Dingen, die sie interessieren oder wiederholen freiwillig gelerntes. Oft bringen «Profis» anderen etwas bei oder es entsteht nebeneinander, miteinander oder nacheinander eine riesige Spiellandschaft, über die dann andere stauen und sich darüber austauschen.  


Die Kinder übernehmen unterschiedliche Rollen, nicht nur beim Rollenspiel. Sie sind mal Führer, mal Mitspieler und auch sehr gerne Zuschauer. Sie suchen sich auch gerne Plätze, wo sie unter sich sind, z. B. unter den Tischen, in einer Nische oder der Garderobe. 

Regeln

Oberstes Gebot ist: Jeder darf «MITspielen». Mit Ausnahme der Staffelei, gibt es bei keinem Spielort eine Spieleranzahlbegrenzung. Wer nicht mehr spielen mag, räumt auf, was gerade nicht benötigt wird und wechselt den Spielort.  

 

Die Bewegungsecke ist sehr beliebt. Dort geht es auch oft laut und wild zu. Manchmal geht das gut, selbst wenn dort 10 Kinder gleichzeitig spielen. Ein anderes Mal ist es schwierig, obschon nur 2 oder 3 Kinder dort sind. Dies ist der einzige Ort, für den wir gemeinsam Regeln bestimmt und Symbolbilder dazu aufgehängt haben, z. B. ist das Spiel zu Ende, wenn jemand weinen muss. Alle müssen dann aufräumen und die Bewegungsecke verlassen. Manchmal machen sie das selbständig, manchmal muss ich sie daran erinnern. Der Spielort bleibt nur für kurze Zeit leer. Kaum je muss zweimal am gleichen Halbtag ein Kind weinen.

Ordnung muss sein 

Kurz vor Ende des Freispiels kündige ich mündlich an, dass wir in 5 Minuten aufräumen. Dies ist für viele Kinder sehr wichtig, da sie nicht gerne aus dem Spiel gerissen werden. Nach Ablauf dieser Frist, läute ich die Glocke. Alle kommen zu mir. Wir singen das Aufräumlied und besprechen kurz, worauf wir heute speziell achten und wie der Halbtag weiter verläuft. Oft gebe ich auch eine Rückmeldung zu dem, was während dem Freispiel entstanden ist. 

Was gebaut ist, darf stehen bleiben. Was herumliegt, wird weggeräumt. 

 

Einmal pro Woche, jeweils freitags, ist Aufräumtag. Dann wird alles gemeinsam sortiert. Aufräumen mag eigentlich niemand so gerne, aber wo es ordentlich ist, verweilt man länger, auch weil man die Dinge, mit denen man spielen möchte, schneller wiederfindet. Zudem sind gebaute Werke Ende Woche meist zwar noch geschätzt und bewundert, werden aber nicht mehr bespielt. Manche Materialen und auch ganze Spielorte werden während dem Aufräumen wiederentdeckt und man freut sich auf die kommende Woche, in welcher man wieder einmal dort spielen könnte.  

Alle helfen mit, auch jene, die sich unter der Woche vor dem Aufräumen drücken. Ich kann die Kinder, die oft keinen Plan haben, wie sie vorgehen sollen, anleiten und viele wissen mit der Zeit, dass der «Rückbau» eines Spielortes mehr Sinn macht, als das Zerstören und dann mühsame Sortieren. 

Gabriela Küng

Entwicklerin Zyklus 1

Lehrperson Kindergarten, PSNLZ


gabriela.kueng@psnlz.ch

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