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Diese Woche ist die neueste Auflage der Pisa-Studie erschienen (Biblionetz:w03097). Das grosse öffentliche Interesse richtet sich auf die Lese- und Mathematikkompetenzen der 9. Klässler:innen. Ich habe mich – nicht überraschenderweise – auf die Kapitel der Länderberichte gestürzt, die sich mit dem digitalen Zeugs beschäftigen: Biblionetz:t30943 Schweiz
Biblionetz:t30944 Deutschland
Biblionetz:t30947 Österreich
Dabei bin ich u.a. an folgender Passage aus dem Deutschen Länderbericht hängengeblieben:
Darüber hinaus nehmen Schulleitungen in Deutschland die technische und pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte für den Einsatz digitaler Geräte mit über 92 Prozent signifikant häufiger als ausreichend wahr als Schulleitungen im OECD-Durchschnitt
(88 %). International wird folglich die technisch-pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte von den Schulleitungen überwiegend als ausreichend empfunden.
Das klingt doch erfreulich – oder?Gemäss dieser Einschätzungen wissen Lehrkräfte in der OECD, wie man digitale Medien technisch und pädagogisch einsetzt, grössere Weiterbildungsinitiativen sind damit eigentlich überflüssig, oder?Ich will ja den Lehrkräften nicht zu nahetreten und ihnen Kompetenzen absprechen, aberdiese Einschätzung von Schulleitungen widerspricht sowohl meiner direkten als auch meiner indirekten Erfahrung mit Lehrkräften. Auf die Gefahr hin,armchair-reasoningzu betreiben, wage ich zu behaupten:Nein, viele Lehrkräfte wissen weder technisch noch pädagogisch, wie man digitale Medien sinnvoll einsetzen kann.(Daran sind sie meistens nicht selbst schuld).
Wie kommet es denn dazu, dass Schulleitungen in einer PISA-Befragung eine solche Einschätzung abgeben? Ich habe drei Hypothesen: H1: Die Schulleitungen haben selbst wenig Ahnung davon, was man eigentlich technisch und pädagogisch bezüglich Digitalisierung als Lehrperson wissen müsste (eine Art Dunning-Kruger-Effekt (Biblionetz:t06119) bezüglich Fremdeinschätzung).
H2: Die Schulleitungen sind sich bewusst, dass sie wenig davon verstehen und denken sich: “Naja, ich kann ja von den Lehrpersonen nicht mehr verlangen als ich auch selbst weiss. Mehr vom Digitalen zu verstehen als ich ist eine absurde Forderung.”
H3: Die Schulleitungen möchten nicht den Eindruck erwecken, als hätten sie ihre Aufgaben nicht gemacht: “Ich werde ja wohl meine Schule so organisiert haben, dass die Mitarbeitenden kompetent sind, oder?” Löblich und verständlich, aber trotzdem evtl. problematisch.
Schon 2006 habe ich michim Blog bezüglich der damaligen PISA-Erhebung gefragt, ob denn Selbsteinschätzungen der eigenen ICT-literacy zuverlässig seien (Biblionetz:f00124). Nun 2023 muss ich die Frage ausweiten aufSind Fremdeinschätzungen der ICT-literacy zuverlässig? Zum Kommentieren ist eine Registration notwendig.Kategorien:IsaBlog