Diesen Monat ist mir eine weitere Frage im Zusammenhang mit generativen Machine-Learning-Systemen (GMLS) bewusst geworden, die mich nun beschäftigt: Was denken wir über die GMLS-Nutzung anderer Menschen? (Biblionetz:f167)
Konkret bin ich diesen Monat folgenden Schilderungen bzw. Publikationen begegnet:
- Florian Nuxoll schilderte vor wenigen Tagen auf LinkedIn, dass ihn seine Schüler:innen fragen, ob ein Text oder Arbeitsauftrag von ihm alleine oder mit Hilfe eines GMLS entstanden sei. Seinen ohne GMLS-Hilfe verfassten Texten würden sie mehr Aufmerksamkeit schenken als denjenigen, die er unter Mithilfe eines GMLS geschrieben hat, obwohl er letztere Texte selbst als besser einschätzt.
- Das kürzlich erschienene Paper Evidence of a social evaluation penalty for using AI von Reif, Larrick und Soll (Biblionetz:t32542) berichtet davon, dass in einer Studie Menschen, die GMLS einsetzen von anderen als weniger kompetent und motiviert wahrgenommen werden. (siehe auch den Bericht bei heise.de (Biblionetz:t32544)
- Ein gestern in der New York Times erschienener Artikel (Biblionetz:t32545) berichtet davon, dass Studierende zunehmend bemerken, dass ihre Professor:innen GMLS sowohl für Unterrichtsmaterial als auch für Feedback zu eingereichten Arbeiten nutzen und darüber gar nicht glücklich sind.
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Jessica Dehler hat mich auf das Paper AI or Human? Evaluating Student Feedback Perceptions in Higher Education (Biblionetz:t32550) aufmerksam gemacht, in welchem Studierende der EPFL untersucht wurden, ob sie maschinelles Feedback von menschlichem Feedback unterscheiden können und welches davon sie präferierten. Die Studierenden präferierten menschliches Feedback gegenüber maschinellem Feedback.
Damit zeigt sich: Relevant ist nicht nur die technische Frage Was können GMLS leisten? sondern auch die menschliche Frage Was halten wir davon, dass andere Menschen GMLS verwenden?
Es ist nicht nur spannend zu schauen, wie diese Frage heute beantwortet wird. Ebenso spannend wird die Entwicklung im Laufe der Zeit sein: Denken wir in kurzer Zeit ganz anders darüber als heute?
Meine momentane und sehr saloppe Sichtweise: Aufmerksamkeitsökonomie (Biblionetz:w502). Wir leben seit längerem in einer Zeit, in welcher menschliche Aufmerksamkeit eine der wertvollsten, weil nicht vermehrbare Ressource darstellt. Somit gilt nicht nur in pädagogischen Kontexten Aufmerksamkeit = Wertschätzung und damit einhergehend Nutzung von GMLS = weniger Aufmerksamkeit = weniger Wertschätzung.
Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt.