Handreichung BL – Lehrperson – BL Weiterentwickeln

Blended Learning im Team umsetzen

Die Einführung von Blended Learning als Teamaufgabe: Austausch und Zusammenarbeit erweitern die Handlungsmöglichkeiten.


Blended Learning-Kultur aufbauen und leben

Dieses Kapitel verdeutlicht die Bedeutung der Zusammenarbeit im Kollegium, um die vielfältigen Herausforderungen des Blended Learning zu bewältigen. Es zeigt auf, wie durch gemeinsames Lernen, das Teilen von Ressourcen und den Aufbau einer schulischen Blended-Learning-Kultur nachhaltige Entwicklungen angestossen werden können. Der Schlüssel zum Erfolg wird dabei im kollegialen Austausch und in der gemeinsamen Weiterentwicklung gesehen. 

Weiterführende Literatur zur Blended Learning-Kultur

Wampfler, P., & Krommer, A. (2020). Hybrides Lernen – Zur Theorie und Praxis von Präsenz- und Distanzlernen. Ein umfassender Überblick über die Herausforderungen und Chancen hybrider Unterrichtsmodelle.


Bergmann, J., & Sams, A. (2013). Flip Your Classroom: Reach Every Student in Every Class Every Day. Ein Klassiker, der die veränderte Rolle der Lehrperson im digitalen Zeitalter thematisiert.


Wenger, E. (1998). Communities of Practice: Learning, Meaning, and Identity. Diese Publikation bietet tiefere Einblicke in die Bedeutung von kollaborativem Lernen und Wissensaustausch in Schulen.

Haltung und Rolle in Klasse und Team

Gemeinsame Haltung: Flexibel, offen und unterstützend

Bei der Gestaltung von Blended Learning Unterricht treten Lehrpersonen zunehmend neben ihrer Funktion als Wissensvermittelnde auch als Lernbegleitende und Coaches auf. Diese erweiterte Rolle setzt eine reflektierte Haltung voraus, die auf Flexibilität, Offenheit und Vertrauen in die Selbstständigkeit der Lernenden gründet. Auch auf Teamebene ist die Haltung bedeutsam: Eine kollaborative und offene Einstellung bildet die Grundlage, um gemeinsam Unterrichtskonzepte zu entwickeln, Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.

n diesem Abschnitt wird erläutert, welche Haltungen und Rollen für Lehrpersonen wesentlich sind, um Blended Learning erfolgreich umzusetzen – sowohl in ihrer Klasse als auch im Kollegium.

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Haltungen auf individueller und kollegialer Ebene

Blended Learning beeinflusst sowohl die Arbeitsweise einzelner Lehrpersonen als auch die Zusammenarbeit im Kollegium. Eine offene und kooperative Haltung erleichtert die erfolgreiche Umsetzung, da sie die gemeinsame Entwicklung neuer Methoden, den gezielten Einsatz digitaler Werkzeuge und die kontinuierliche Weiterentwicklung des Unterrichts unterstützt.

1. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit

Blended Learning erfordert neue Formen der Unterrichtsplanung. Lehrpersonen arbeiten dabei im Team an dynamischen Konzepten, die fortlaufend angepasst und weiterentwickelt werden. Offenheit für Veränderungen, die Reflexion bestehender Abläufe und die gemeinsame Suche nach Lösungen für unerwartete Herausforderungen sind dabei zentrale Aspekte.

2. Offenheit für kontinuierliches Lernen – auch im Team

Die digitale Welt entwickelt sich rasant, ebenso Werkzeuge und somit müssen sich auch didaktische Konzepte mitentwickeln. Neugierde, Lernbereitschaft und der gemeinsame Austausch im Kollegium unterstützen den Umgang mit diesen Entwicklungen. Neue Tools können erprobt, Erfahrungen geteilt und durch gegenseitige Hospitationen, gemeinsame Weiterbildungen oder den Austausch über Good Practices vertieft werden.

3. Eigenverantwortung übernehmen und Verantwortung im Team teilen

Blended Learning profitiert von einer geteilten Verantwortung im Kollegium. Eine aktive Beteiligung an der Unterrichtsentwicklung und das gemeinsame Arbeiten an Zielen können die Umsetzung unterstützen. Ebenso wichtig ist es, Verantwortung abzugeben, Vertrauen ins Team zu setzen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

4. Empathie zeigen und wertschätzende Zusammenarbeit pflegen

Neue Unterrichtsformen können mit Herausforderungen verbunden sein. Ein konstruktiver Umgang mit unterschiedlichen Perspektiven und Unsicherheiten sowie eine wertschätzende Zusammenarbeit tragen dazu bei, die Teamkultur zu stärken und die Motivation im Kollegium aufrecht zu halten.

5. Kollaboration und Ko-Konstruktion nutzen

Blended Learning erfordert enge Zusammenarbeit, insbesondere bei der Entwicklung von Lernmaterialien, der Abstimmung von Unterrichtsstrukturen und der gemeinsamen Nutzung digitaler Plattformen. Der Austausch von Wissen, die gemeinsame Entwicklung innovativer Lösungen sowie Formen wie Co-Teaching oder fächerübergreifende Projekte können Synergien im Team fördern und den Unterricht bereichern. Die eigene Praxis sollte regelmässig kritisch hinterfragt und Rückmeldungen aus dem Team aktiv einbezogen werden.

Checkliste Rolle und Checkliste Haltung 

In einer Schule, die Blended Learning praktiziert, spielen sowohl die professionelle Haltung der einzelnen Lehrperson als auch die des gesamten Lehrpersonenteams zentrale Rollen. Die folgenden Checklisten können dir helfen, deine Rolle und deine Haltung reflektieren. 

Vernetzung und Austausch

In den Modellschulen haben Lehrpersonen verschiedener Stufen Blended Learning gemeinsam erarbeitet. In Entwicklungsschleifen entlang ausgewählter Fragestellungen wurden konkrete Unterrichtselemente und Umsetzungen entwickelt, erprobt, reflektiert und optimiert. Eine solche Vernetzung und der regelmässige Austausch werden auch für weitere Schulen empfohlen, um die Einführung und Weiterentwicklung von Blended Learning nachhaltig zu unterstützen. Dafür werden klar definierte Zeitgefässe benötigt, die den Austausch und die gemeinsame Entwicklung ermöglichen. 

 

Unter diesem Link findet sich ein Einblick in die Fragestellungen, die in den definierten Zeitgefässen an den Modellschulen bearbeitet wurden:

Auf einer interaktiven Prozesslandkarte wurden die Meilensteine und Fortschritte aus dem Szenario Blended Learning visualisiert. Für weitere Informationen können die einzelnen Nummern angeklickt werden:

«Sharing is Caring»: Arbeitsaufwand im Blended Learning durch kollegiale Zusammenarbeit optimieren

So optimierst du deinen Arbeitsaufwand beim Blended Learning durch kollegiale Zusammenarbeit:

Die Einführung von Blended Learning in den Unterricht ist mit einem beträchtlichen Zeitaufwand verbunden: Materialien müssen entwickelt, digitale Werkzeuge integriert und unterschiedliche Lernwege konzipiert werden. Eine strukturierte Zusammenarbeit im Kollegium kann diesen Aufwand jedoch deutlich reduzieren. Untenstehend fünf Tipps aus den Erfahrungen der Modellschulen:

1. Unterrichtsmaterialien im Team entwickeln

Durch Arbeitsteilung lassen sich Lernmaterialien effizienter erstellen. Während eine Lehrperson beispielsweise ein Erklärvideo produziert, kann eine andere die passenden Übungsaufgaben konzipieren.

2. Gemeinsame digitale Materialdatenbank aufbauen

Eine zentrale digitale Materialdatenbank erleichtert die geteilte Nutzung und Weiterentwicklung von Lernmaterialien. Geeignet sind z. B. Microsoft 365 (OneNote, Teams, OneDrive), Lernmanagement-Systeme wie LearningView, Schabi oder Escola oder eine andere schulweit eingesetzte Plattform.

3. Unterrichtsgestaltung mit Kolleg:innen abstimmen

Eine abgestimmte Unterrichtsgestaltung reduziert Vorbereitungsaufwand und schafft für Lernende klare Strukturen. Einheitliche digitale Einführungssequenzen innerhalb einer Jahrgangsstufe bieten eine gemeinsame Basis, auf der alle aufbauen können. Wichtig ist auch die Absprache über genutzte Tools: Was im Zykluls 1 eingeführt wird, kann oft im Zyklus 2 weiterverwendet werden und erleichtert so den Lernenden den Übergang.

4. Expertise im Kollegium nutzen

Die vorhandene Expertise im Kollegium im Umgang mit digitalen Tools kann durch gezielten Austausch allen Beteiligten zugänglich gemacht werden. So lässt sich der individuelle Einarbeitungsaufwand reduzieren und die Integration digitaler Werkzeuge in den Unterricht effizienter gestalten.

5. Gemeinsame Evaluation und Weiterentwicklung

Die Analyse von Lernprozessen und Rückmeldungen der Lernenden im Kollegium schafft eine fundierte Basis für Qualitätssicherung. Durch gemeinsame Auswertung und Reflexion können Unterrichtsgestaltungen kontinuierlich verbessert und weiterentwickelt werden.

Praxis-Tipps aus den Modellschulen

Wissensmanagement in deiner Blended Learning-Schule

Eigenes Wissen aufbauen: Damit Wissen zu Blended Learning Unterricht im Team geteilt werden kann, muss es zunächst individuell aufgebaut und sorgfältig sowie strukturiert abgelegt werden. Die folgenden Empfehlungen unterstützen eine optimale Organisation und Weitergabe von Wissen im Kollegium. 

1. Verschiedene Wissensquellen nutzen

Neben dem eigenen Erfahrungswissen, das durch regelmässige Dokumentation gesichert werden sollte, sind auch Kolleginnen und Kollegen wichtige Impulsgeber für Good Practices, digitale Materialien und didaktische Konzepte. Ergänzend tragen Fachliteratur, Weiterbildungen und Online-Plattformen dazu bei, Entwicklungen im Bereich Blended Learning aktuell zu verfolgen.

2. Digitales und analoges Wissensmanagement verbinden

Ein effektives Wissensmanagement profitiert von der Kombination digitaler und analoger Ansätze. Digitale Materialien können über schulische Lernmanagementsysteme (z. B. LearningView oder Schabi) oder Plattformen wie Microsoft365 zentral verwaltet werden. Werkzeuge wie OneNote, Padlet oder Miro eignen sich zur Dokumentation, Strukturierung und kollaborativen Weiterentwicklung von Unterrichtsmaterialien. Ergänzend können analoge Notizen oder Sammlungen weiterhin wertvolle Unterstützung bieten.

3. Wissensdokumentation klar strukturieren

Eine eindeutige Struktur erleichtert den Zugang zu Wissen. Digitale Materialien und Unterrichtspläne sollten im schulweit vereinbarten Ablagesystem abgelegt werden. Eigene Checklisten für wiederkehrende Aufgaben sowie Beiträge zu gemeinsamen Wissensdatenbanken unterstützen eine nachhaltige Nutzung und Weiterentwicklung.

4. Reflexion und Feedback systematisch einbeziehen

Regelmässige Reflexion unterstützt die Weiterentwicklung der eigenen Praxis. Unterrichtseinheiten können dokumentiert und hinsichtlich der optimalen Kombination digitaler und analoger Methoden ausgewertet werden. Feedback von Kolleginnen und Kollegen bietet zusätzliche Perspektiven und trägt zur Qualitätsentwicklung bei.

5. Lernende aktiv einbeziehen

Das Potenzial der Schülerinnen und Schüler kann durch kollaborative Lernumgebungen genutzt werden, in denen Wissen gemeinsam aufgebaut und geteilt wird. Eigene digitale Lernressourcen der Lernenden können dokumentiert und in das schulische Wissensmanagement integriert werden.

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Tipp:

Beginne mit kleinen Schritten. Wähle zunächst einen oder zwei Bereiche aus, die du systematischer angehen möchtest. Erweitere dein Wissensmanagement dann Schritt für Schritt.

Wissen teilen

Schulinterne Weiterbildungen sind eine wertvolle Möglichkeit, um den Wissenstransfer im Kollegium zu fördern und die Kompetenzen der Lehrpersonen im Bereich Blended Learning zu stärken. Sie können gezielt eingesetzt werden, um innovative Lehrmethoden, digitale Tools und Best Practices zu teilen. Hier sind Ansätze, wie schulinterne Weiterbildungen effektiv für den Wissenstransfer genutzt werden können:

1. Fachübergreifende Workshops zu Blended Learning-Strategien

Gezielte Schulungen zu digitalen Tools:

Schulinterne Weiterbildungen können in Form von Workshops oder IT-Cafés organisiert werden, etwa über die Mittagszeit. Dabei werden neue digitale Werkzeuge vorgestellt und deren Anwendung im Unterricht praktisch erprobt. Die Durchführung kann sowohl durch erfahrene Kolleg:innen als auch durch externe Expert:innen erfolgen, die den Einsatz verschiedener Tools und Lernmanagement-Systeme (LMS) demonstrieren.

Fachübergreifender Austausch:

Weiterbildungen können zudem Raum für den Austausch zwischen Lehrpersonen unterschiedlicher Fachrichtungen schaffen. So lassen sich Ideen und Erfahrungen zur Umsetzung von Blended Learning aus verschiedenen Perspektiven zusammenführen und für die eigene Unterrichtspraxis nutzbar machen.

2. Kollegiales Lernen durch Peer-Coaching

Lernen im Tandem / Team-Teachings:

Erfahrene Lehrpersonen können ihre Expertise durch individuelle Coachings oder gemeinsame Unterrichtssequenzen weitergeben. Peer-Coaching fördert den direkten Wissenstransfer, unterstützt bei der Klärung konkreter Fragen und liefert praxisnahe Anregungen für den Einsatz digitaler Werkzeuge.

Hospitationen:

Der Besuch von Unterrichtseinheiten bei Kolleg:innen, die Blended Learning bereits umsetzen, eröffnet die Möglichkeit, erprobte Methoden kennenzulernen und gleich im Unterrichtsgeschehen zu beobachten. Im Anschluss können die Beobachtungen gemeinsam reflektiert und Ansatzpunkte für die eigene Praxis herausgearbeitet werden.

3. Erfahrungsaustausch in Lerngruppen oder "Communities of Practice"

Lerngruppen bilden:

Kleinere, fachspezifische oder interessenbasierte Gruppen können sich regelmässig treffen, um neue Methoden im Blended Learning zu erproben, zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen. Solche „Communities of Practice“ tragen zur kontinuierlichen beruflichen Weiterentwicklung und zum Wissensaustausch innerhalb der Schule bei.

Themenfokussierte Weiterbildungen:

Schulinterne Weiterbildungstage (SCHILW) können genutzt werden, um themenspezifische Workshops anzubieten, beispielsweise zu „Flipped Classroom“ oder „Differenzierung mit digitalen Tools“. Dadurch lassen sich bestimmte Kompetenzen gezielt vertiefen und praxisnah weiterentwickeln.

4. Wissensmanagement und Dokumentation von Good Practices

Wissensspeicherung mit digitalen Plattformen:

Interne Weiterbildungen sollten durch die Erstellung und zentrale Ablage von Materialien, Beispielen und Good Practices ergänzt werden – etwa in einem Lernmanagementsystem (LMS) oder auf einer Cloud-Plattform wie Office365. So bleiben die Inhalte langfristig verfügbar, können von allen Lehrpersonen genutzt und bei Bedarf weiterentwickelt werden.

5. Reflexion und Feedback

Feedback-Kultur etablieren:

Jede Weiterbildung kann mit einer Feedback-Runde abgeschlossen werden, in der Erfahrungen ausgetauscht und Verbesserungspotenziale diskutiert werden. Die Rückmeldungen fliessen in die Planung zukünftiger Weiterbildungen ein und unterstützen so einen kontinuierlichen Optimierungsprozess des Wissenstransfers.

Lernfortschritte dokumentieren:

Lehrpersonen können angeregt werden, ihre eigenen Lernfortschritte zu reflektieren und die Ergebnisse im Kollegium weiterzugeben – beispielsweise in Form kurzer Präsentationen oder schriftlicher Erfahrungsberichte. Dies kann den kollektiven Wissensaufbau und die gemeinsame Weiterentwicklung stärken.

Ein Einblick in den Wissenstransfer einer Modellschule findet sich in dieser Story: Während unserer Arbeit im Entwickler:innenteam der Schule Eggersriet-Grub SG kam bei uns immer stärker der Wunsch auf, unser angeeignetes Wissen dem Gesamtteam weiterzugeben.


Du willst mehr zum Thema wissen?

Hier kannst du das Thema vertiefen:

Fachliteratur zum Thema

Kimmons, R. (2020). The PICRAT Technology Integration Model. Dieses Modell unterstützt die Reflexion über die eigene Lehrpraxis im digitalen Kontext.

Factsheet zu Blended Learning

Das hier vorliegende Factsheet bietet einen umfassenden Überblick über Blended Learning, die Gestaltung von Lernprozessen in diesem Kontext sowie über die Rolle der Lehrenden und Lernenden in einem hybriden Lehr- und Lernprozess. Zudem wird aufgezeigt, wie digitale Technologien gezielt eingesetzt werden können, um den Blended Learning-Prozess zu unterstützen.